Prozessoptimierung und Risikomanagement – Wie EMS-Anbieter mögliche Krisen meistern können

22.10.2008 | Autor: Hubertus Andreae*

Der EMS-Branche stehen turbulente Zeiten bevor. Um das Hochlaufen der Bestände und Engpässe in den Finanzen zu vermeiden, müssen die Firmen sehr schnell und leistungsstark mit Auftragsverschiebungen und Stornierungen umgehen können. Die rechtzeitige ganzheitliche Prozessoptimierung wird in den nächsten Monaten das Krisenmanagement vereinfachen.

Maßnahmen zur Prozessoptimierung in den indirekten Unternehmensbereichen wie z.B. Einkauf, Auftragssteuerung, Controlling oder ERP-Systemen werden oft belächelt oder nicht mit der ausreichenden Nachhaltigkeit verfolgt. Ein schwerwiegender Fehler, wie sich vermutlich in den nächsten Monaten zeigen wird. Denn es ist mit einer kritischen Marktentwicklung zu rechnen.

In den letzten Jahren waren die Auftragsbücher der EMS-Branche gut gefüllt und die Kapazitäten knapp. Über Jahre stiegen die Umsätze, ohne das die Unternehmen von Seiten des Vertriebs fleißig akquirieren mussten. Nicht immer schlug sich allerdings diese Vollauslastung in guten angemessenen Erträgen nieder. Erträge im unteren einstelligen Prozentbereich sind leider bei vielen Unternehmen in der EMS-Branche üblich, aber nicht ausreichend. Ein fairer Ertrag muss den Unternehmen in allen Zeiten die Möglichkeit eröffnen, in neue Technologien zu investieren und das übernommene Risiko ggf. zu tragen.

Ein Ertrag von mindestens 5% muss bereits bei 80 bis 85% Auslastung erreicht werden und nicht erst bei Volllast. Dennoch waren viele Unternehmen zufrieden und haben versucht, auf Grund des Auftragsbooms die technischen Kapazitäten auszubauen. Leider haben diese Unternehmen die guten Marktbedingungen nicht genutzt, um nachhaltig ihre Prozessschwächen zu schließen. In der Regel sind es Schwächen in der dynamischen Prozessfähigkeit der indirekten Unternehmensprozesse und dem Risikomanagement.

Die Firmen müssen schnell auf die Dynamik des Marktes reagieren können

Ein fataler Fehler. Die wirtschaftliche Entwicklung wird ein ausgefeiltes Risikomanagement erfordern, eine leistungsstarke Materialwirtschaft und höchste Fähigkeit auf die Dynamik des Marktes zu reagieren. Diese Dynamik wird sich in einer größeren Schwankungsbreite der Aufträge widerspiegeln, kurzfristigen und häufigen Auftragsreduzierungen, Terminverschiebungen bis hin zu Auftragsstornierungen. Das heißt die Branche muss nun sehr schnell und leistungsstark mit Auftragsverschiebungen und Stornierungen umgehen können.

Die Unternehmen, die sich ausschließlich mit der technischen Optimierung und der Fertigung beschäftigt haben, werden in Überbestände des Rohmateriallagers, in zu hohe Umlaufbestände und in zu hohe Fertiglagerbestände getrieben. Bedauerlich ist, dass diese Zusammenhänge bekannt und in den letzten Jahrzehnten bereits mehrfach aufgetreten sind.

Erfreulicherweise gibt es auch die andere Gruppe der Unternehmen. Diese Firmen gestehen sich ihre Schwachstellen offen ein und haben in den „guten“ Zeiten die Reorganisationen konsequent betrieben. Diesen Unternehmen wird es gelingen ohne große Schäden, auf die turbulenten Zeiten zu reagieren. Ein ausgefeiltes Auftragsmanagement, Materialmanagement, leistungsstarke Controlling-Tools gestützt von einem leistungsstarken ERP-System sind die Schlüssel für diesen Erfolg. Eine Kennzahlengesteuerte Organisation bildet das Sicherheitsnetz.

Selbstverständlich sind nicht nur die Prozesse sondern auch die Mitarbeiter qualifiziert worden, um eigenständig nach festgelegten Unternehmensstandards zu arbeiten. Die Effekte werden sich zeigen. Die Risikopositionen in den Kundenaufträgen, die Zahlungsausfälle, die Lagerbestände sind weiter beherrscht. Die Kreditlinien der Banken reichen auch weiterhin aus. Kritische Gespräche mit den Banken werden nicht stattfinden. Jeder, der es in der Vergangenheit in Krisenzeiten einmal anders erlebt hat, weiß diesen angenehmen Zustand zu schätzen.

Prozessoptimierung und kaufmännisch sinnvolles Risikomanagement

Auch wenn die Erträge in den nächsten Zeiten nicht mehr ganz so hoch ausfallen werden, wie wir es uns wünschen, so müssen sie weiterhin ein stabiler Faktor sein. Und ein Ertragsfaktor ist die rechtzeitige Prozessoptimierung und das kaufmännisch sinnvolle Risikomanagement.

Als zusätzliche Anregung möchte ich auf meinen Fachbeitrag „Erfolgreiches Wachstumsmanagement“ und andere Beiträge zum Thema Prozessoptimierung verweisen. Hier wurde an vielen Beispielen auf die Notwendigkeiten der Prozessoptimierung und eines verbesserten Managements hingewiesen was in der heutigen Zeit mehr denn je ihre Bedeutung hat.

Zum Schluss noch ein Appell an die Branche. Wir sollten in den nächsten ein bis zwei Jahren, wo vielen Unternehmen Aufträge fehlen werden, nicht den Fehler wiederholen, Aufträge zu erkaufen, d.h. zu Preisen die kaufmännisch unvertretbar sind. Die Branche sollte ehrliche Preise abgeben, die dem Leistungs- und Kostengefüge der Unternehmen gerecht werden. Denn Dumpingpreise treffen am Ende jene negativ, die sie in den Markt gebracht haben. Das Erkaufen von Aufträgen hat noch nie langfristig geholfen. Das Problem wurde nur vertagt.

Zudem ist niemandem langfristig geholfen, wenn die Wettbewerber vernichtet werden. Der Wettbewerb sollte fair und auf gleicher Augenhöhe stattfinden. Wettbewerb sollte eher den Ansporn fördern besser zu werden. Und dazu sollten wir den anderen Weg gehen: Prozesse, die kostengünstig und leistungsstark sind, in den Unternehmen etablieren.

Allen, die sich auf die kommende Zeit qualifiziert vorbereitet haben, beglückwünsche ich zu der unternehmerischen Weitsicht und allen, die noch großen Handlungsbedarf haben, wünsche ich viel Erfolg bei der Aufholjagd.

*Hubertus Andreae optimiert Prozesse in den nicht produzierenden Unternehmensbereichen wie Material­wirtschaft, Vertrieb und Controlling bei OEMs und EMS-Providern und führt zu diesem Thema Seminare veranstaltet vom FED durch.

dreiplus Tel. +49(0)30 84417913

Redakteur: Claudia Mallok

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