Der Wandel ist heute wichtiger denn je

Von Hubertus Andreae, dreiplus Praxisbegleitende Innovationsförderung

Die Anforderungen der Märkte und Kunden müssen mit den Möglichkeiten der Unternehmen stärker denn je in Einklang gebracht werden. Wir erleben es täglich. Die Kunden verlangen Preisreduzierungen, kurze Lieferzeiten, beste Qualität und Innovationsstärke. Auf den ersten Blick scheinen solche Forderungen in sich widersprüchlich und unerfüllbar zu sein. Allerdings nur auf den ersten Blick. Jeder der sich nachhaltig mit solchen Innovations-projekten beschäftigt hat weiß, dass enorme Potentiale in den Unternehmen verborgen liegen. Man muss sich nur Zeit nehmen und bereit sein neue Wege zu gehen sowie hartnäckig nach Lösungen suchen. Ein steiniger aber lohnenswerter Weg, der nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit sichert. Wer Zweifel hat, der sollte sich das Leistungsgefüge der Formel 1 ansehen. Sieben Sekunden Boxenstopp in dem getankt, Reifen gewechselt und kleine Reparaturarbeiten durchgeführt werden. Keiner von uns könnte diese Tätigkeiten im normalen KFZ-Bereich in so kurze Zeit abbilden. Das ganze ist auch nur möglich, durch enge Zusammenarbeit der Entwicklung/Konstruktion, der Anwender, Mitarbeiter und Lieferanten. Die Materialien, Prozesse und Anforderungen wurden sorgfältig und innovativ abgestimmt und zusammengeführt. Es geht also. Nun zurück zur Elektronikbranche. Diese eigentlich sehr innovative Branche hat noch enormes Innovationspotential:

Welche Anforderungen werden an die Unternehmen gestellt?

Es sind Anforderungen wie beispielsweise schnelle Reaktionszeiten bei Angeboten, Kalkulationen, Erstellung von Auftragsbestätigungen und kurze Produktlieferzeiten. Um diese Anforderungen zu erfüllen, benötigen wir klare stabile bereichsübergreifende Prozesse unterstützt von besten EDV-Tools.

Bei den Forderungen nach kurzen Produktlieferzeiten spielt die Materiallieferzeit eine entscheidende Rolle. Da das Risiko und die Kosten nicht steigen dürfen, müssen neue Beschaffungsmethoden, die ohne große Lagerhaltungen auskommen, aufgebaut werden. Nur mit klassischen Bestellmethoden sind diese Ziele nicht abbildbar.

Oder der Anspruch an eine hohe Erfolgsquote bei Angeboten muss hinterlegt werden mit veränderten Prozessen, Tools und einem anderen Lieferantenmanagement. Die heutigen Erfolgsquoten von 10% sind reinste Ressourcenverschwendungen. Im Endresultat bedarf die dringend notwendige Ertragssteigerung der deutschen Produzenten auch ganzheitlich veränderte Prozesse. Das ist weder nur durch die Fertigung noch nur durch den Einkauf zu leisten. Es ist ausschließlich durch die Summe an Leistungssteigerungen aller Bereiche, durch sorgsamen Umgang mit Ressourcen und durch erstklassige Qualifikation der Mitarbeiter zu schaffen.

Viele Leser werden sich sicher bei den Zielen wieder finden. Aber wo sind die Realisierungsmaßnahmen? Die bekannten etablierten Prozesse werden nur zögerlich verändert, Tools werden nicht modifiziert und die Qualifizierungsmaßnahmen der Mitarbeiter werden eingespart. Nach dem Motto, das machen wir später, jetzt werden erst einmal die wichtigen Dinge gemacht. Man in uneinsichtig, spart sich zu Tode, man versäumt die Arbeit an der Zukunft.

Die Folgen sind deutlich zu erkennen. Das Leistungsgefüge bleibt auf der Strecke. Lagerbestände erstarren bei einer Reichweite von 3-4 Monaten. Die Prozessqualität ist störanfällig, nur mit Fleiß der Mitarbeiter lassen sich die Anforderungen nicht erfüllen. Die Kosten verschlingen die Erträge.

Um die Möglichkeiten der Erneuerung in die mittelständische Wirtschaft zu tragen, hat der FED sich seit drei Jahren diesen neuen Themen geöffnet. Die Seminare „Innovation Einkauf kompakt“ und „Professionelle Beschaffung von Baugruppen“ laufen seit 2006 erfolgreich. Diese Seminare werden kontinuierlich modifiziert um noch mehr den veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Auch neue Seminare, die sehr stark prozessorientiert sind und sich nicht mit den Standardthemen, sondern mit den Problemschwerpunkten beschäftigen, sind aufgenommen worden:

  • Einkauf im Wandel – Ganzheitliche Materialwirtschaft
  • Prozessinnovation unter Einbindung von ERP-Systemen

Wer kann denn nun in dieser sehr anspruchsvollen Zeit am meisten zu Wettbewerbssteigung der Unternehmen beitragen? Im Zentrum steht der Bereich Vertrieb mit seinen Prozessen der Kundenabstimmung und Auftragsverarbeitung. Als weiteren Bereich ist die Auftrags- und Fertigungssteuerung zu nennen. Der Dritte im Bunde ist die Materialwirtschaft. Kein Unternehmen des produzierenden Gewerbes wird es dauerhaft an die Spitze bringen ohne in der Materialwirtschaft neue Wege zu gehen. Wem es nachhaltig gelingt die Prozesskette der indirekten und direkten Unternehmensprozesse nach den oben aufgeführten Kriterien zu vernetzen, der hat ein wichtiges Teilziel erreicht.

Man kann nur hoffen, dass auch diese neuen Seminare die Verantwortlichen in den Unternehmen erreichen und die Einkäufer aber auch Experten anderer Bereiche Lust auf Veränderung bekommen. Denn nur mit dieser Innovationslust lässt sich nachhaltig die Kraft für die Veränderung aufbringen.

Erschienen am 15.04.2009 in der Fachzeitschrift „PLUS“ (Produktion von Leiterplatten und Systemen) – Ausgabe 04/2009

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