Mit Kennzahlen und Zielen die Prozessqualität nachhaltig verbessern

Erfolgsfaktoren für Auftragsfertiger - Teil 8

Kein Auftragsfertiger der Spitzenklasse erlaubt sich Unschärfen oder wiederholt Mängel in der Prozessqualität. Er orientiert sich an Kennzahlen und Zielen, deren Erreichen gemessen wird. Schöner Nebeneffekt. Klare Regeln und Verantwortungen machen die Mitarbeiter beim Erfüllen ihrer Aufgaben stolz und dieser Stolz motiviert.

Obwohl Prozesse geregelt sind, funktionieren die Organisationen nicht wie gewünscht. Die Ursache sind, neben einer unzureichenden Prozessverzahnung, oft fehlende Dokumentationen, zu komplexe Prozesse, fehlende klare Verantwortlichkeiten, nicht festgelegte Ziele oder unausgesprochene Erwartungen. Ein untragbarer Zustand, und doch ein Kardinalfehler in vielen Unternehmen.

Ein negatives Beispiel aus der Praxis: In einem produzierenden Unternehmen sitzen alle Fachbereichsverantwortlichen (Geschäftsleitung, Vertrieb, Einkauf, Fertigung etc.) zusammen. Ich stellte die Frage: Wer ist verantwortlich für die Liefertreue? Keiner meldete sich. Ich hätte erwartet, dass alle sich zu diesem Kernelement eines Auftragsfertiger bekennen. Das Ergebnis war enttäuschend, aber auch selbstsprechend. Die Liefertreue dieses Unternehmens war <50%.

Ein Fazit daraus ist: Nur wenn jemand klar verantwortlich ist und die Bedeutung dieser Verantwortung auch versteht und verinnerlicht, nur dann wird er sich auch täglich dieser Verantwortung stellen.

Fachspezifische und bereichsübergreifende Verantwortung

Bei Verantwortlichkeiten wird fachspezifische und bereichsübergreifende Verantwortung. Nachfolgend möchte ich Ihnen Beispiele und Tipps geben, wie man damit umgehen sollte.

Fachspezifische Verantwortung

Legen Sie innerhalb eines jeden Fachbereichs Verantwortlichkeiten fest. Die Aufgaben, Ziele und Erwartungen sollten klar umrissen sein. Scheuen Sie sich als Vorgesetzter nicht vor diesem aktiven Schritt, die Mitarbeiter werden Verständnis für ihre Maßnahmen haben. Sie schätzen es, wenn man ihnen klar sagt, was man von ihnen erwartet. Viel zu oft leiden Mitarbeiter unter der Unklarheit ihrer Vorgesetzten.

Einige Beispiele was festgelegt sein sollte:
Bereich Einkauf:

  • täglich Bestellbedarfsrechnung,
  • Bestellbearbeitung innerhalb von max. 2 Arbeitstagen,
  • 2 tägige Auftragsbestätigung-Anmahnung,
  • tägliche Lieferanmahnung,
  • Preisreduzierungen um x% innerhalb eines Jahres,
  • Lagerreichweitenreduzierung um x% / per Zeiteinheit.

Bereich Fertigung:

  • Fertigungsrückmeldung bei Abweichungen gegenüber dem Arbeitsplan innerhalb von 2 bis 5 Tage nach Abschluss des Auftrages,
  • Umlaufbestandsreduzierung von x% per Zeiteinheit,
  • Durchlaufzeitenreduzierung auf <10 Tage,
  • Fehlerquoten
  • Reparaturdurchlauf von max. 2 Arbeitstagen.

Bereich Vertrieb:

  • Auftragseingang X€ pro Monat,
  • Auftragsausplanung >6 Monate (auf Basis der aktuellen Materiallieferzeiten),
  • Termineinhaltung für Angebote > 95%,
  • Auftragsgewinnquoten >50% bei Neukundenanfragen,
  • Neukundengewinnung, X Kunden pro Jahr

Dabei sind nicht nur die Tätigkeitsinhalte sondern oft auch die Zeitketten zu den Kenngrößen festgelegt. Hier steckt der Mehrwert, um zusätzlich schneller und besser zu werden.

Beispiel: Jeder hat die Erwartung an den Einkauf, dass er Bestellungen auslöst. Das reicht jedoch nicht aus, sie müssen innerhalb eines festgelegten Zeitfensters und zu einem bestimmten Preis unterhalb der Kalkulation erfolgen. Ist das nicht der Fall, muss eskaliert werden. Wenn nicht, besteht die Gefahr, dass die Prozesskette und Kenngrößen verletzt werden.

Bereichsübergreifende Verantwortung

Nicht jeder Punkt lässt sich direkt einem Verursacher oder Fachverantwortlichen zuordnen. Das sollte Sie allerdings nicht daran hindern, dennoch eine Verantwortlichkeit zu festzulegen. Nur wer verantwortlich ist, kümmert sich um die Erfüllung. Tun Sie das nicht, dann hat jeder Bereich gute Gründe, warum nicht er, sondern ein anderer Bereich verantwortlich ist.

Einige unklare Kenngrößen mit hoher Bedeutung:

  • Fehlteile
  • Eigene Liefertreue
  • Zulieferqualität
  • Ertrag
  • Lagerbestand

In diesen Fällen sind Verantwortlichkeiten nicht so klar wie man denken mag. Entscheiden Sie sich für Bereiche, die

  • die größte Motivation oder
  • den größten Leidensdruck bei diesem Punkte haben
  • oder Bereiche, welche die größte Durchgriffskraft besitzen.

Jeder, der an der Erfüllung seiner Verantwortung gemessen und bewertet wird, wird an der Erfüllung zielgerichtet arbeiten.

Meldungen bei Abweichungen: Bringen Sie Ihren Mitarbeitern bei, Abweichungen zu den Zielen und Erwartungen sofort zu melden. Es reicht nicht aus, wenn man tagelang versucht, den Rückstand aufzuholen. Nur die frühe Eskalation erhöht die Chance frühzeitig einzugreifen und die Prozesskette aufrecht zu erhalten.

Diese Prozessstörungen schwächen die Leistungsstärke eines EMS

Hier sind einige praktische Beispiele für Verzüge und Prozessstörungen, die nachhaltig die Leistungsstärke eines Unternehmens schwächen:

  • Bestellungen werden zu spät ausgelöst,
  • fehlende Auftragsbestätigungen werden nicht angemahnt,
  • Lieferantenbewertungen werden nicht vorgenommen,
  • Lieferverzüge bleiben tagelang unbemerkt,
  • Produktionsaufträge werden nicht termingereicht gestartet,
  • Preisabweichungen werden verschwiegen oder nicht erkannt.

Die Rolle des Vorgesetzten

Überprüfen Sie, ob die Vorgaben die festgelegt wurden, eingehalten werden. Stellen sie sich regelmäßig folgende Fragen:

  • Wie ist die Qualität der Prozesse?
  • Reicht die Qualifikation ihrer Mitarbeiter aus?
  • Haben Sie genug freie Arbeitskapazitäten?
  • Kennen Sie die aktuellen Störgrößen?
  • Haben Sie sich ausreichend um die Klagen Ihrer Mitarbeiter gekümmert?
  • Und: Verwalten Sie nicht nur, gestalten Sie. Der Vorgesetzte muss dynamischen Einfluss nehmen.

Die Kunst der Leistungserfassung

Ziele und Erwartungen muss man messen können. Bauen Sie sich dafür Werkzeuge auf. Einige Empfehlungen:

  • Messen Sie die Liefertreue ihrer Lieferanten.
  • Messen Sie die eigene Liefertreue.
  • Machen Sie überfällige Lieferungen sichtbar.
  • Bauen Sie sich Tools auf, die den Arbeitsrückstand Ihrer Mitarbeiter sichtbar machen.

Denken Sie bei allen Arbeits-Tools immer an die Prozesskette im gesamten Unternehmen und nicht nur an die eigenen Arbeitsinhalte. Ein gutes Arbeitswerkzeug gibt nicht nur den Vorgesetzten eine Möglichkeit zu prüfen wo seine Prozessqualität angesiedelt ist, sondern auch dem Mitarbeiter.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss. Das Tagesgeschäft fordert alle Beteiligten und dennoch – stellen Sie sicher, dass fehlende Zeit nie der Grund ist, dass Kernprozesse vernachlässigt werden. Denn Kernprozesse betreffen die Kunden und die müssen qualifiziert bedient werden.

„Klare Regeln und Verantwortung für jeden einzelnen Mitarbeiter ist auch im EMS-Geschäft die Voraussetzung für eine leistungsstarke Organisation.“

Hubertus Andreae, dreiplus

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