Mögliche Krisen erfolgreich meistern

Tipp von Prozessexperte Hubertus Andreae

Zu viele kurzfristig verschobene und/oder stornierte Aufträge können Baugruppenproduzenten in eine wirtschaftliche Schieflage bringen. Vor allem dann, wenn bereits das Material eingekauft oder die Produkte im Fertigwarenlager sind. Die Folge: Vernichtung von Liquidität, Aufbau von Beständen und Materialabschreibungen. Hubertus Andreae erklärt, wie Baugruppenproduzenten mit dieser Situation umgehen können und von vornherein verhindern können, in diese Situation zu geraten.

Es beginnt mit dem Auftragsmanagement. Bevor Stornierungen und Verschiebungen der Kunden akzeptiert werden, ist zu prüfen, wie sich diese auf das Unternehmen auswirken:

■ Sind die Materialsätze bereits vollständig oder fast vollständig im Haus vorhanden?

■ Ist die Produktion bereits angeschoben?

■ Sind die Produkte bereits im Fertigwarenlager?

Sollte die eine oder andere Sachlage bestehen, muss geprüft werden, inwieweit Regeln für solche Fälle vereinbart wurden. Zumeist gibt es Regeln, doch der Vertrieb tut sich schwer, diese beim Kunden einzufordern. Er meint, es sich mit den Kunden zu verscherzen. Die Wahrheit ist, der Kunde versucht, Aufträge zu verschieben oder zu stornieren. In der Erwartung, dass es nicht klappt, hat man es immerhin versucht. Nach Möglichkeit sollte man vermeiden, kurzfristige Verschiebungen und Stornierungen zu akzeptieren, die im produzierenden Unternehmen Schaden anrichten. Eine Brücke gegenüber dem Kunden kann man aber sehr wohl aufbauen. Man kann dem Kunden anbieten einen späteren Auftrag, bei dem noch das Material bei den Lieferanten verschoben werden kann, anzupassen. Andernfalls kann man dem Kunden anbieten, den Auftrag vom Anfang des Monats ans Ende des Monats zu verschieben. Das zeigt Flexibilität und das Ergebnis innerhalb des Wirtschaftsmonats wird nicht zusätzlich belastet. Das Unbehagen der Vertriebsverantwortlichen ist unberechtigt: 80% aller Fälle lassen sich auf diese Weise abwenden. Der Rest ist eine Einzelfallprüfung und Sonderentscheidung. Ein zweiter wesentlicher Punkt ist die Flexibilität auf der Einkaufsseite.

Baugruppenproduzenten müssen in der Lage sein, kurzfristig Rohmaterialbestellungen zu verschieben, anzupassen oder sogar zu stornieren. Diese Flexibilität lässt sich in der Welt der Distribution erheblich leichter realisieren, als in der Produktion. Die Distribution hebt diese Flexibilität hervor. Man muss sie nur nutzen. Dazu bedarf es natürlich EDV-Tools, die diesen Handlungsbedarf deutlich machen. Innerhalb der EDV-Systeme benötigt es Selektionen von Bestellungen die verschoben, angepasst oder storniert werden müssen. Der Einkäufer muss in der Lage sein, innerhalb des großen Umfangs an Bestellvorschlägen genau diese kritischen Vorgänge schnell zu erkennen und umzusetzen. Maßnahmen innerhalb von 24 Stunden sind hierbei zwingend erforderlich.

Noch besser sind logistische Maßnahmen wie Konsignationsläger oder Materialabruf x Tage vor Fertigungsstart, nicht dem geplanten, sondern den realistischen Fertigungsstart. In solchen Fällen ist keine Bedarfsanpassung nötig, da das Material noch nicht abgerufen wurde. Somit werden Eskalationsmaßnahmen reduziert, Ressourcen gespart und man schützt sich vor ungewolltem Aufbau der Bestände.

„Auch wenn die aktuelle Krise viele Probleme in den Elektronik produzierenden Unternehmen verursacht – mit geeigneten, internen Maßnahmen lassen sich die Probleme reduzieren und eingrenzen“, Hubertus Andreae

dreiplus Tel. +49(0)30 84417913

Redakteur: Claudia Mallok

ELEKTRONIKPRAXIS NR. 6 – 24. März 2009

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